Umweltschützer warnen: Deutlich weniger Schmetterlinge und Feldvögel in Deutschland

Dienstag, 22.08.2017   09:46 Uhr Spiegelartikel
Die immer intensivere Landwirtschaft gehe auf Kosten von Schmetterlingen und Feldvögeln, berichten Umweltschützer. Sie fordern genauere Untersuchungen der Artenvielfalt in Deutschland.

Bläulinge Archivbild DPA/Becker & Bredel


Die Zahl der Schmetterlinge und Feldvögel geht an vielen Orten Deutschlands offenbar stark zurück. Experten haben dazu neue Daten vorgelegt: Seit Anfang der Achtzigerjahre sei die Häufigkeit nachtaktiver Schmetterlinge an untersuchten Stellen im bayerischen Inntal um die Hälfte und die Anzahl der Arten um mehr als die Hälfte gesunken, sagte der Biologe Josef Reichholf. Bundesweite Zahlen zum Rückgang der Schmetterlinge gibt es allerdings keine.
Auch die Zahl der Kiebitze, Rebhühner und weiterer Vogelarten, die in Agrarlandschaften leben, schwindet. Eine von den Grünen in Auftrag gegebene Studie sieht einen Hauptgrund dafür in der industriellen Landwirtschaft.
Reichholf erstellte im Auftrag der Deutschen Wildtier Stiftung einen Bericht, nach dem die Zahl der Schmetterlinge vor allem auf landwirtschaftlichen Gebieten zurückgeht. Der Professor bestimmt seit 1969 die Häufigkeit der nachtaktiven Falter in seiner niederbayerischen Heimat.
Auf Äckern nahe dem Dorf Aigen am Inn zählte er nur etwa ein Drittel so viele Schmetterlinge wie am Rande der Münchner Innenstadt. Auch in Wäldern sei der Rückgang der Schmetterlingsarten und -exemplare nicht so dramatisch. Die neuen Daten bestätigen, was Forscher der TU München 2016 berichtet hatten. Auch europaweit sinkt die Zahl der Schmetterlinge.
Wichtig für Bestäubung bestimmter Pflanzen auf den Feldern und Wiesen Bayerns findet Reichholf nur noch selten Bläulinge, Große Ochsenaugen, Totenkopfschwärmer oder Mittlere Weinschwärmer. Der Kleine Feuerfalter oder der Schachbrettfalter seien bereits verschwunden. Die Schmetterlinge haben nach Angaben von Reichholf eine wichtige Funktion bei der Bestäubung bestimmter Pflanzen und sind eine bedeutende Nahrungsquelle für Vögel. Viele stehen auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten.

Die Plünderung der gesetzlichen Krankenkassen
Von Rene Gräber 22.08.2017 von www.krisenfrei.de

Wie es scheint, gibt es schon wieder Probleme und unangenehme Fragen zu unseren Krankenkassen. Ich hatte erst vor kurzer Zeit einen Beitrag über betrügerische Machenschaften der Krankenkassen bei ihren Abrechnungen veröffentlicht: Betrug? Krankenkassen ermuntern Ärzte zu „schlimmeren“ Diagnosen.
Jetzt scheint eine Nacht- und Nebelaktion der Bundesregierung so nach und nach ans Tageslicht zu kommen.
Erst vor wenigen Wochen hat die Bundesregierung eine Gesetzeserweiterung zum staatlich legitimierten Hacking (auch klammheimlich), still und leise abgesegnet.
Der vorliegende Fall (Plünderung der Krankenkassen) bezieht sich auf ein Gesetz zur Reform der Psychiatrie, dass im November 2016 beschlossen wurde. Der Titel dieses Gesetzentwurfs ist herrlich aufgeblasen: Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Versorgung und der Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen
Da kommt kaum einer auf den Gedanken, dass es sich dabei um etwas vollkommen anderes handelt. Und dieses „Andere“ scheint die Verschleierung von Kosten zu sein, die durch die medizinische Versorgung der in unserem Lande aufgenommenen Flüchtlinge entstehen und die von denen bezahlt werden müssen, die ohnehin zu denen gehören, die nicht mit Reichtümern gesegnet sind.
Der Plünderbeschluss
Das neue Gesetz zur Weiterentwicklung der Versorgung… (und so weiter) hat zum Inhalt, dass die Kosten für die medizinische Versorgung der Flüchtlinge aus der sogenannten Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds gedeckt werden.
Im oben bereits erwähnten, unlängst veröffentlichten Beitrag zum Kassenbetrug hatte ich bereits eine kurze Charakterisierung dieses Gesundheitsfonds geliefert: Die Beiträge der Kassenmitglieder gehen in diesen Fond, der zudem noch mit Zuschüssen seitens des Bundes aufgestockt wird. Wie in der Versicherung üblich, gibt es auch hier sogenannte Liquiditätsreserven, die Phasen mit zu geringen Einkünften abfedern helfen. Und genau aus diesen Reserven sollen per Gesetzbeschluss 1,5 Milliarden € entnommen werden, damit die medizinische Versorgung der Flüchtlinge gesichert werden kann.
Unter Paragraph II.10 „Zuführung von Mitteln aus der Liquiditätsreserve zu den Einnahmen des Gesundheitsfonds im Jahr 2017“ des Entwurfs heißt es dann:
„ Den Einnahmen des Gesundheitsfonds werden im Jahr 2017 einmalig 1,5 Milliarden Euro aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zugeführt. Mit diesen Mitteln werden einerseits Mehrbelastungen der gesetzlichen Krankenversicherung aufgrund der gesundheitlichen Versorgung von Asylberechtigten finanziert. Bei erfolgreicher Integration in den Arbeitsmarkt und der damit perspektivisch zu erwartenden Mehreinnahmen handelt es sich dabei um vorübergehende finanzielle Auswirkungen….“
Von Seiten der Macher dieses Entwurfs scheint man davon auszugehen, dass nach einer erfolgreichen Integration die Betroffenen in den erlauchten Kreis der Pflichtversicherten aufgenommen und damit zu Beitragszahlern werden. Und mit diesem neuen Beitragszahlern könnte man dann das 1,5 Milliarden Loch stopfen.
Da stellt sich natürlich sofort die Frage, wie schnell geht eine solche pflichtversicherungsfähige Integration von statten? Es spricht viel dafür, dass dies eher eine Milchmädchenrechnung zu sein scheint.
Die Gelackmeierten
Der andere, noch sensiblere Punkt ist, dass die Finanzierung der anfallenden Gesundheitskosten für Flüchtlinge über die Liquiditätsreserven des Fond nur von bestimmten Teilen der Bevölkerung getragen wird. Denn der Löwenanteil des Fonds kommt nur aus den Taschen der gesetzlich pflichtversicherten Beitragszahler.
Beamte, Bundestagsabgeordnete, Selbstständige und besser verdienende Arbeitnehmer (die ihre private Krankenversicherung haben), leisten mit ihren Abgaben keinen Beitrag zur Kostendeckung der medizinischen Versorgung von Flüchtlingen aus diesem Fond. Zur Kasse gebeten wird wieder einmal das Gros der weniger verdienenden Versicherten. Nur der Vollständigkeit halber: als Selbstständiger bin ich immer noch in der gesetzlichen Krankenkasse freiwillig versichert.
Und noch was: Sehr makaber ist übrigens auch, dass die Banken 2016 für die Milliardenrücklagen des Gesundheitsfonds 5,1 Millionen Euro Negativzinsen in Rechnung gestellt haben.
Um bei der Bevölkerung Aufruhr und Entrüstung zu vermeiden musste wohl eine Nacht- und Nebelaktion gestartet werden, um dieses Gesetz in die Gänge zu bringen. Denn es ist ja klar, dass die Zahl der Pflichtversicherten deutlich höher ist, als die der Privatversicherten.
Damit ist also sichergestellt, das nur die Gelder der Pflichtversicherten angerührt werden. Sollte das Experiment, das neue Beitragszahler nach erfolgreicher Integration zum Ziel hat, nicht so laufen wie gewünscht, dann gibt es im Fond und der Liquiditätsreserve ein sehr großes Loch.
Und wie werden solche Löcher in der Regel wieder gestopft? Richtig, durch Beitragserhöhungen für die, die in diesen Fond einzahlen. Selbstverständlich werden dann nicht die wirklichen Ursachen und Gründe für eine solche Beitragserhöhung genannt werden.
Vielmehr wird man dann auf bewährte Mechanismen zurückgreifen, wie zum Beispiel „Kostenexplosion im Gesundheitswesen“ oder der Behauptung, dass zu viele Versicherte zu häufig zum Arzt gehen und zu viel Medizin verschrieben bekommen und so weiter und sofort. Damit hätte man wieder einmal die Verantwortung der Verantwortlichen auf die Schultern des kleinen Mannes abgewälzt.
Warum wieder mal die Kleinen?
Die Entscheidung, Flüchtlinge in unser Land aufzunehmen, ist eine politische Entscheidung der Bundesregierung. Die damit verbundenen Kosten jedoch werden nicht vollständig aus der Staatskasse genommen (also aus Steuereinkünften). Vielmehr bedient sich Vater Staat bei den Kassen der Sozialsysteme, in diesem Fall den Krankenkassen, um seinen eigenen Haushalt nicht zu belasten. Denn eine solche Belastung, wie zum Beispiel von 1,5 Milliarden €, würde mehr oder weniger schnell eine Steuererhöhung nach sich ziehen, die natürlich weniger selektiv ausfallen würde in Bezug auf die Betroffenen. Und Steuererhöhungen sind aber alles andere als beliebt – vor allem vor Bundestagswahlen.
Wenn man dagegen im Zuge des „Löcher Stopfens“ die Beiträge der Pflichtversicherten erhöht, dann kann man als Regierung die Verantwortung schnell und einfach auf andere Faktoren abwälzen, wie bereits erwähnt. Außerdem kann die Regierung erst einmal auf Steuererhöhungen verzichten, was sich im Wahlkampf immer als gutes Argument ausnimmt.
Wenn man dann wiedergewählt ist, dann kann man ja in Sachen Steuererhöhung noch mal richtig nachlegen, und hätte damit zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.
Das Ende vom Lied
Wer aber jetzt glaubt, dass diese linke Tour Steuererhöhungen weniger wahrscheinlich werden lässt, der muss sich enttäuscht sehen, wenn er die Onlineausgabe der Frankfurter Allgemeinen vom 6. Juli 2017 liest.
Denn die lehrt uns eines Besseren: „Flüchtlingskosten: EU-Kommission hält Benzinsteuer-Idee für machbar“. Der Finanzminister höchstpersönlich denkt über höhere Steuern für Benzin nach. Im Beitrag erfahren wir auch, warum der Sprit alles andere als billig ist. Denn heute schon verlangt der Staat 0,56 € für Normalbenzin und 0,78 € für Super, was man kaum als insignifikant bezeichnen kann.
Wenn also die Benzinpreise steigen, obwohl die Ölpreise sinken, dann wissen wir, dass Herr Schäuble sich erfolgreich  durchsetzen konnte. Seine eigene Partei scheint nicht so begeistert zu sein. Der Grund hierfür ist sicherlich die vor der Tür stehende Bundestagswahl am 24. September 2017. Da sind Diskussionen um Steuererhöhungen ein denkbar schlechter Zeitpunkt.
Also wird es wohl erst einmal bei der Plünderung der Sozialkassen bleiben. Aber ich bin überzeugt, dass unsere Volksdiener die übermenschliche Gabe besitzen, noch mehr und noch intensiver Beiträge und Steuern aus denen heraus zu pressen, die keine Lobby haben und sich nicht wehren können.
Zum Schluss
Ich möchte hier im Blog KEINE „Flüchtlingsdiskussion“. Grund: die ganzen Diskussionen (die ich lese) greifen immer zu kurz. Unsere gesamte Gesellschaft ist dazu aufgerufen, wie „wir“ mit dem Thema umgehen wollen. Es ist eine Frage der Verteilungsgerechtigkeit. Wie viel wäre jeder bereit abzugeben?
Denn machen wir uns mal nichts vor: „Wir“ leben sowieso auf Kosten der sogenannten „Dritten Welt“. Zahlreiche unserer Produkte (die wir täglich kaufen) wird unter unwürdigen Bedingungen in Fernost produziert. „Wir“ behindern doch sowieso seit Jahrzehnten die Produktion in Afrika. Wir schicken unsere Altautos nach Afrika, Geflügelreste die hier keiner haben will, Altkleider, wir schicken Fischflangflotten vor die Küsten Westafrikas, usw. So zerstören und behindern wir die Wirtschaft in Afrika. Und da wundern wir uns, dass die Menschen zu uns nach Europa kommen wollen? Das werden noch einige Millionen mehr werden, wenn der Klimawandel weiter fortschreitet und die nächsten „großen“ Kriege um Wasser geführt werden, statt um Öl, wie es bereits mein alter Geschichte-Lehrer 1985 prophezeite.
Ich wiederhole mich gerne: Wie viel ist jeder bereit abzugeben?
Praktizieren wir alle das Sankt-Florians-Prinzip (Heiliger Sankt Florian / Verschon’ mein Haus / Zünd’ and’re an!) – oder wollen wir das Sankt Martins-Prinzip (wir teilen unsere Habe mit den Armen)?
Und um es auch klar zu sagen (weil es bestimmt als Argument kommt): Ich erwarte von „Gästen“ (die bei mir zu Besuch sind), dass diese sich „ordentlich“ benehmen. Wer das nicht tut, hat das Gastrecht verwirkt. Ich halte es da mit dem kategorischen Imperativ, den Imanuel Kant bereits vor über 200 Jahren definierte. Frei interpretiert (alle „Kenner“ mögen mir das nachsehen): „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderem zu.“

 

 

Abstimmung in der EU: Merkel macht den Weg für Gen-Mais frei


von Maike Freund Quelle: Handelsblatt Online

Die Deutschen sind gegen Gen-Mais, doch die Pflanze könnte bald auf deutschen Feldern wachsen. Denn die EU stoppt die Zulassung nicht. Schuld ist die uneinige Koalition. Und Kanzlerin Merkel, die zu den Profiteuren hält.

Düsseldorf„Wir wollen den Anbau dieser neuen Sorte Pioneer 1507 in Deutschland nicht haben.“ Die Aussage ist klar und eindeutig. Sie kommt von Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich (CSU), kurz vor der Abstimmung der EU-Landwirtschaftsminister am Dienstag über die unionsweite Zulassung einer neuen Gen-Mais-Sorte. Diese klaren Worte können eigentlich nur eines bedeuten: Friedrich wird mit „Nein“ stimmen. Doch eben nur eigentlich. Denn Deutschland hat sich enthalten.

Schuld daran ist die Bundesregierung, die sich uneinig ist. Friedrich als CSUler ist traditionell gegen die Zulassung, genauso wie Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Dafür ist jedoch Johanna Wanka (CSU) als Forschungsministerin. Und deshalb hatte Merkel schon zuvor angekündigt, sich bei der Abstimmung zu enthalten.

Doch mit dieser Enthaltung macht Merkel den Weg frei für den Gen-Anbau. Denn die Entscheidung wird mit einer qualifizierten Mehrheit, einer zwei Drittel-Mehrheit getroffen.

(18 Länder von 28 haben bereits gegen die Zulassung dieses Genmaises gestimmt. Hätte Deutschland sich nicht der Stimme enthalten, wäre der Genmais in der EU also verhindert worden! Bei 18 Ablehnungen und einer Enthaltung (DE) haben nun faktisch also 9 Länder, dafür gesorgt, das der Genmais in der EU zugelassen werden wird. AP)

„Eine Enthaltung nützt gar nichts“, sagt Heike Moldenhauer, Gentechnik-Expertin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Im Gegenteil: Sie ermöglicht die Zulassung.“ Doch eine qualifizierten Mehrheit wurde am Dienstag nicht erreicht, nun wird die Entscheidung weitergereicht an den EU-Kommission. Der zuständige EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg gilt als Befürworter.

Nun versucht Friedrich, sich aus der unangenehmen Lage herauszumanövrieren: Er schlägt vor, dass jedes Land eigenständig entscheiden könne, ob es gentechnisch veränderte Pflanzen auf seinen Feldern erlaube. Ein Vorschlag der EU-Kommission für eine solche „Ausstiegsklausel“ liege bereits vor, sagte Friedrich. Doch Gentechnik-Expertin Moldenhauer hält das für „Augenwischerei“. Denn Merkel werde einen „Flickenteppich Europa“ in Sachen Gen-Anbau nicht zuzulassen, damit überschreite Friedrich damit seine Kompetenzen.

Doch vor allem glaubt die Expertin, dass dieser Vorschlag „ein vergiftetes Geschenk“ sei – wenigstens auf nationaler Ebene. Denn erst einmal würden die Zulassungsanträge auf EU-Ebene schneller durchgewunken. Vor der Zulassung käme es auf einen „Deal mit den Konzernen an“, einzelne Mitgliedstaaten würden mit einem Konzern aushandeln, dass eine Gentech-Pflanze auf ihrem Territorium nicht angebaut werden dürfe, dafür müssten sie für die Zulassung stimmen. Nach der Zulassung könnten EU-Länder ebenfalls ein Verbot erlassen, etwa aus sozioökonomischen Gründen. Was das genau bedeuten würde, sei nicht geklärt. Jedoch sei dieser Verbotsgrund vermutlich nicht „gerichtsfest“, denn es könnte beispielsweise ein Bauer darauf klagen, Gen-Mais anzubauen – weil durch ein Verbot seine freie Berufswahl gefährdet sei.


„ Es profitieren die üblichen verdächtigen“

Doch Friedrich lässt sich einen weiteren Ausweg offen, vielleicht auch, um sein Gesicht in vor den bayrischen Wählern zu wahren: Die Bundesländer könnten selbst entscheiden, wie sie verfahren wollen. Denn tatsächlich sind laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur die meisten Länder gegen die Zulassung. Die Flächenländer, in denen es größere Agrarflächen gibt, sprechen sich nahezu einhellig dagegen aus. Prinzipiell offener äußerten sich nur Sachsen-Anhalt und Sachsen.

Die neue schwarz-grüne Regierung in Hessen will die Landwirtschaft generell gentechnikfrei lassen. In der Frage einer Ausstiegsklausel spreche man sich mit den anderen Ländern ab. Das Saarland, das dem Netzwerk „Gentechnikfreie Regionen in Deutschland“ angehört, lehnt den Mais 1507 ebenfalls ab. Eine bundesweite Entscheidung sei besser als eine Ausstiegsklausel, hieß es im Umweltministerium. Die Grünen-geführten Ressorts von Rheinland-Pfalz und Niedersachsen forderten ein nationales Verbot für gentechnisch veränderte Sorten. Doch das würde wieder eine Flicken-Teppich-Lösung bedeuten – und auch dafür sind nicht alle Länder. Und erst einmal entscheidet nun Brüssel.

Bei der Abstimmung geht es um die Maissorte 1507 der Firma Pioneer Dupont. Die Pflanze wurde im Labor so verändert, dass sie gegen das Unkrautvernichtungsmittel Glufosinat resistent sein soll. Außerdem produziert der Mais ein Insektengift, um sich vor dem Maiszünsler zu schützen. Mit dem Schädling haben auch deutsche Bauern zu kämpfen. Kritiker warnen jedoch, dass die Auswirkungen der Pflanze auf andere Insekten und die Umwelt nicht ausreichend geprüft wurden.

Befürworter von Gen-Mais argumentieren, dass gentechnisch veränderte Pflanzen dazu beitragen können, den Hunger auf der Welt zu bekämpfen – etwa durch besondere Widerstandsfähigkeit gegen Klimaveränderungen in ärmeren Ländern. Auch als Energiequelle könnten Genpflanzen dienen. Doch die Mehrheit der Deutschen lässt solche Argumente nicht gelten: Laut einer aktuellen Umfrage des Marktforschungsinstitutes Forsa (2013) sind 73 Prozent der Westdeutschen und 63 Prozent der Ostdeutschen der Meinung, dass man Gentechnik in der Landwirtschaft verbieten sollte. Der Grund: Die Risiken seien unkalkulierbar. Weil die Deutschen Gentechnik so eindeutig ablehnen, ist dies auch im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Dort heißt es: „Wir erkennen die Vorbehalte des Großteils der Bevölkerung gegenüber der grünen Gentechnik an.“ Warum nur dann dieses „Jein“ bei der Abstimmung?

„Es ist nicht nur der Konzern Pioneer, der von der Zustimmung profitiert“, sagt Expertin Moldenhauer. „Es sind vor allem die beiden deutschen Gentechnik-Unternehmen Bayer und BASF, die schon lange auf die Gentech- Freundlichkeit Deutschlands hinarbeiten.“ Sie vermutet, dass der Einfluss der Lobby-Gruppen so stark ist, dass Angela Merkel denen die Tür aufhalten wolle. „So profitieren wieder einmal die üblichen Verdächtigen.“

 

Gemüse in Gärten regulieren


Deutsche Wirtschafts Nachrichten  |  Veröffentlicht: 23.04.13, 00:27  |  Aktualisiert: 25.04.13, 11:42  | 


Die Europäische Kommission will den Landwirten und Gärtnern in Zukunft die Verwendung von Einheits-Saatgut vorschreiben. Alte und seltene Sorten haben kaum Chancen auf eine Zulassung, ihr Anbau wird strafbar - auch wenn er im privaten Garten erfolgt.

Lebensmittel-Vielfalt und kleinstrukturierte Landwirtschaft sollen durch eine geplante EU-Verordnung weiter eingeschränkt werden.
Die EU-Kommission arbeitet an einer Neuregelung des europäischen Saatgut-Marktes in Form einer Verordnung (Vorbereitendes EU-Papier im Original, Englisch). Damit wird eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom Juli 2012 verrechtlicht: Landwirte dürfen nur mehr amtlich zugelassenes Saatgut verkaufen. Bisher waren alte und seltene Saatgut-Sorten ausgenommen, die in althergebrachter Tauschwirtschaft gezüchtet und in meist kleinen Mengen gehandelt wurden. Geht es nach den Plänen der Kommission, dürfen Kleinbauern oder Privatleute  ihr selbst gezüchtetes Saatgut in Zukunft nicht einmal mehr verschenken.
Viele konventionelle Gemüse- und Getreidesorten werden damit aus dem Anbau verschwinden, kritisieren österreichische Umweltorganisationen. Die verpflichtende Registrierung aller Sorten würde zu einer kompletten Vereinheitlichung führen. Die kleinstrukturierte Landwirtschaft ist damit vollständig von der Saatgut-Weitergabe ausgeschlossen, heißt es im Begleittext zu einer gemeinsamen Petition von Arche Noah und Global 2000. Für sie sei das Zulassungsverfahren für Saatgutarten mit unüberwindbaren bürokratischen und finanziellen Hürden verbunden. Zudem befürchten die Umweltschützer eine strenge amtliche Überwachung. Beim Tausch nicht zugelassener Saatgut-Sorten drohen hohe Strafen.
Profiteure der Normierung sind allein die Lebensmittel-Konzerne, die schon jetzt den Großteil des Saatgut-Marktes unter sich aufteilen. Seit Jahren macht die Lobby der Agrarindustrie in Brüssel Stimmung für einen weiteren Schritt in Richtung Saatgut-Kartell. Ziel ist die Kontrolle der gesamten Lebensmittelproduktion durch einige wenige Großkonzerne. Schon heute werden kleinere Konkurrenten mittels Anzeigen von Monsanto und Co dazu gezwungen, ausschließlich ihr Saatgut zu kaufen. In Zukunft drohen nun auch Verwaltungsstrafen.
Der Konsument habe kaum mehr eine Wahlfreiheit, was auf seinem Teller landet, heißt es in einem offenen Brief von mehr als einem Dutzend Europäischer Umweltschutzorganisationen an Kommission und EU-Parlament. Weniger Vielfalt heiße auch weniger Farben und Geschmäcker, und schlussendlich weniger Lebensmittelqualität. Gefordert wird eine komplette Neuausrichtung des nun laufenden Reformprozesses. Saatgutanwendern müsse eine größere Sorten-Vielfalt zu Verfügung stellen, insbesondere Arten, die an lokale Bedingungen angepasst sind. Dies würde dazu beitragen, den Verbrauch an Pestiziden, Düngemitteln und Wasser zu reduzieren und die Verschmutzung von Böden und Wasser einzudämmen.
Initiativen wie jene der Umweltorganisationen oder ein entsprechender Antrag der Grünen im österreichischen Nationalrat werden aber wohl wirkungslos bleiben, solange nicht mehrere Mitgliedsstaaten gegen die geplante Verordnung auftreten. Noch ist der Beschluss nicht umgesetzt. Die EU-Kommission soll am 6. Mai ihren Entwurf vorlegen, danach muss sich das EU-Parlament damit beschäftigen.
Sollte das Parlament die Verordnung durchwinken, dürfen auch Privatleute ihre in Obst- und Gemüseprodukte nicht mehr verbreiten, wenn sie nicht den Wünschen von Monsanto EU-Normen entsprechen.
Es ist bezeichnend für die mangelnde demokratische Legitimation der EU, dass solche grundlegenden Entscheidungen durchgezogen werden, ohne dass die Bürger davon etwas mitbekommen. Ist die Verordnung einmal beschlossen, sind die Lebensmittel-Konzerne im Recht und die Bürger in der Defensive und werden größte Schwierigkeiten haben, die gesetzlichen Regelungen wieder rückgängig zu machen.
Die Abgeordneten des Europa-Parlaments dürften den Antrag zur Verordnung nicht einmal gelesen haben.
Sie kaufen ihre Lebensmittel im Supermarkt.



EU-Verordnung zum Saatgut: Langsam stirbt die Artenvielfalt


Deutsche Wirtschafts Nachrichten  |  Aktualisiert: 25.04.13, 13:52  | 

Die EU-Kommission rudert bei der geplanten Regulierung von Saatgut zurück - ohne jedoch in der Sache Klarheit zu schaffen. Umweltorganisationen sind aufgebracht und wollen den Protest verschärfen.


Die Artenvielfalt ist bedroht, weil Bürokratie, wirtschaftliche Macht und Vielfalt nicht vereinbar sind.
Die EU-Kommission versucht, die Bürger über die geplante Verordnung zur Regelung des Saatguts zu beruhigen. Offenbar aufgescheucht durch den massiven Protest der Leser auf einen Bericht der Deutschen Wirtschafts Nachrichten, veröffentlichte die Kommission am 24.4.2013 eine „Klarstellung“. Sie lautet:
Die EU-Kommission weist Medienberichte über Regulierungspläne für den Obst- und Gemüseanbau in Hobbygärten zurück.
Privatgärtner können auch in Zukunft ihr Saatgut wie bisher verwenden. Sie sind von den neuen Regelungen zur Tier- und Pflanzengesundheit, die die Kommission Anfang Mai vorstellen wird, – entgegen anderslautenden Meldungen – nicht betroffen.
Die neuen Regeln gelten für ausschließlich professionelle Akteure, wie beispielsweise Landwirte oder Gartenbaubetriebe, die pflanzliches Saatgut erzeugen. Für Kleinstunternehmen jedoch wird es Ausnahmen geben, um für sie die administrativen Hürden und Kosten zu minimieren. Die Anforderungen an sie bezüglich Kennzeichnung und Verpackung werden gering sein.
Auch für alte Sorten sollen schwächere Regeln gelten. Aus Transparenzgründen muss dieses Saatgut zwar auch registriert werden, allerdings in einfacher Form und auf der Grundlage von historischen Daten und praktischer Erfahrung. Tests sind nicht vorgesehen.
Die Annahme des Gesetzespaketes zur Tier- und Pflanzengesundheit ist für den 6. Mai geplant.
Die „Klarstellung“ ist nur auf den ersten Blick freundlich. Denn der Teufel liegt im Detail: Die EU-Kommission wird definieren, wer als Kleinbauer und wer als Privatmann gewertet wird. Nach Informationen der DWN wird diskutiert, diese Definition sehr weit zu fassen: Wenn jemand in einem vergleichsweise großen Garten (z.B. Klostergarten) anbaut und vertreibt (oder verschenkt), soll er als Kleinbauer gelten. Auch die Definition des Kleinstbauern ist schwammig: Ist jemand, der sein Obst oder Gemüse unter Freunden und Verwandten verteilt, ein Kleinstbauer? Ist er ein Kleinstbauer, wenn er zwei Kürbisse vertreibt? Fünf? Sieben?
Vor allem aber: Wie soll von privaten Kleinstbauern etwas angebaut werden, wenn es das Saatgut nicht mehr im Handel gibt? Soll das für die Artenvielfalt notwendige Saatgut in der Tiefkühltruhe über mehrere Generationen aufbewahrt werden?
Welche administrativen Hürden und Kosten sollen mininimiert werden? Wenn es keine Hürden und Kosten gibt, ist auch nichts zu minimieren.
Der wirtschaftliche Druck, der durch Großkonzerne wie Monsanto ausgeübt wird, wird die lokalen Märkte zerstören. Wer kann es sich leisten, im Interesse der Artenvielfalt administrative Hürden und Kosten zu überwinden, wenn gleichzeitig globale und im Grund nicht kontrollierbare Produkte den Weltmarkt überschwemmen?
Umweltorganisationen sind daher durch die hastig versendete Erklärung mitnichten beruhigt – im Gegenteil.
Die Saatgut-Lobby, in erster Linie vertreten von der European Seed Association (ESA), habe bei dem Entwurf gute Arbeit geleistet, sagte Iga Niznik von der österreichischen NGO Arche Noah den Deutschen Wirtschafts Nachrichten.
Besonders stoßen sich die Umweltschützer daran, dass irgendwann sogar der Tausch und das Verschenken von nicht amtlich registrierten Saatgutarten verboten werden könnten. Betroffen seien auch kleine, auf Raritäten spezialisierte Landwirte und Gärtnereien, die an vielfältigen Sorten interessiert sind. Zwar bleibt der Anbau nicht registrierter Gemüse- und Obstsorten weiterhin theoretisch erlaubt. Ist jedoch der Handel mit dem entsprechenden Samen verboten, wird dies auch für Privatpersonen unmöglich. Auch eine Neuzulassung von in traditioneller Form weiterentwickelten Saatgut-Arten werde kompliziert und teuer, so Niznik.
„ Auch im Lebensmittelhandel spielen seltene Arten nach wie vor eine Rolle“, sagt auch Heidi Porstner, Agrar-Sprecherin bei Global 2000. Es gehe hauptsächlich um lokale Märkte. Dabei würden immer mehr Konsumenten die ursprünglicheren Lebensmittel-Sorten wiederentdecken. Selbst Discounter führten mittlerweile solche Sorten, so Porstner weiter. Außerdem widerspreche die Verordnung der in der Biodiversitäts-Strategie 2020 verankerten Verpflichtung der EU, die Artenvielfalt zu schützen. 75 Prozent der Nutzpflanzen-Arten seien in den letzten Jahrzehnten bereits unwiederbringlich verloren gegangen.
Auch in einer Stellungnahme des österreichischen Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft heißt es, dass die Nachteile und Gefahren im vorliegenden Entwurf überwiegen.
Zum ersten Mal würden auch das Inverkehrbringen für nicht kommerzielle Zwecke und der Export erfasst. „Die Einführung eines Bewilligungsverfahrens für national strengere Produktionsbestimmungen würde bedeuten, dass Sonderbestimmungen wie z.B. zur Produktion von zertifiziertem Saatgut von Steirischem Ölkürbis extra beantragt und genehmigt werden müssten“, heißt es in dem Standpunkt-Papier des Ministeriums in Wien.
Wirtschaftlich wenig bedeutende, aber für die Biodiversität notwendige pflanzengenetische Ressourcen werden verschwinden.
In Deutschland sprach sich nun auch Bundesumweltministerin Ilse Aigner in einem Interview mit dem Handelsblatt gegen die Pläne für eine verstärkte Saatgut-Kontrolle aus.
Der Zeithorizont für den Beschluss der Verordnung durch EU-Parlament und Rat beträgt bis zu einem Jahr. Noch gibt es also Spielraum um den Inhalt abzuändern. Darum wollen die Organisationen den Druck auf Brüssel erhöhen: Vor einer Woche ist eine von Arche Noah und Global 2000 initiierte Petition gestartet, bereits jetzt habe man 50.000 Unterschriften gesammelt, so Niznik. Und auch in Deutschland soll in den kommenden Tagen eine Petition starten.
Schließlich würde die Verordnung in ihrer jetzigen Form auch hier große Veränderungen nach sich ziehen, sagte Volker Gehrmann von Save our Seeds. Schon in der jüngeren Vergangenheit habe es eine starke Konzentration auf dem Saatgutmarkt gegeben. Würde der Entwurf in seiner jetzigen Form umgesetzt, würde diese Tendenz dramatisch beschleunigt.  Alte Sorten werden zwangsläufig komplett verschwinden. Auch in heimischen Privatgärten würde dann irgendwann nur mehr einheitliches Gemüse angebaut.
Ganz wohl scheint der EU-Kommission unterdessen nicht mehr zumute zu sein: Auf Nachfragen der Deutschen Wirtschafts Nachrichten sagte die Pressestelle der Kommission in Berlin, dass sie zu diesem Thema keine Auskunft geben dürfe. Nur Brüssel sei berechtigt, sich dazu öffentlich zu äußern.